JAN 21 - MAR 5 2023

Die Gruppenausstellung Abstract Narratives bei Kunst & Denker Contemporary versammelt drei künstlerische Positionen: Jan Holthoff, Martin Kozlowski und Natascha Schmitten, welche sich der abstrakten Malerei zuwenden. Dabei werden Sehgewohnheiten und Grenzen innerhalb der Malerei durch verschiedene Techniken und Herangehensweisen der Künstler*innen hinterfragt. Die Zuschreibungen der Narration zur abbildhaften Kunst werden von den Künstler*innen neu gedeutet, indem abstrakte Strukturen und lesbare Verweise entstehen. So werden durch Zuschreibungen und individuelle Erinnerungen Landschaften, greifbare Objekte, Stofflichkeit und Körperlichkeit in den Werken erahnbar. Durch Zwischenräume, Schichtungen und unterschiedliche Formen der Transparenz bilden sich Räumlichkeiten und Objekthaftigkeit. Es entsteht eine verfolgbare Erzählung, die durch die Bildinformationen sinnlich erlebbar wird und Verweise auf die dingliche Welt erzeugt.Jan Holthoff widmet sich dieser Thematik indem er in seinen abstrakten Bildern Farbe zu Zonen oder Farbkörpern, farbigen Volumina oder Räumen werden lässt, welche sich mit Betonung auf die Prozesshaftigkeit in einem Spiel aus gestischen Setzungen und Flächen entfalten. Gleichwohl des strategisch-abstrakten Denkens reflektieren seine Werke aber auch zentrale Elemente unserer Landschaftswahrnehmung wie Raum, Weite, physische Präsenz, Bewegung, Dynamik, Licht und Oberfläche. Formaufbau und Formabbau stellen dabei zentrale Momente der Genese dar, die in einem Akt der Bildtransformation das expressive Bildgeschehen in seiner Finalität hervorbringen.Gleichermaßen durch gestische Setzungen erarbeitete Bildräume stellen die Werke von Natascha Schmitten dar. Diese erzeugt jedoch durch einen weit dünneren Farbauftrag auf Nylon ephemere Formen, die an anthropomorphe Körperlichkeit erinnern. Dabei entfaltet sich die verdünnte Acrylfarbe aquarellhaft fließend über den Bildträger, welche durch wenige Interventionen zu einer letzten Entschiedenheit gelangen. So entstehen Räume und Zwischenräume. Eine eigene Realität und Gegenwart bildet sich in diesen undefinierten Variablen und zwingt dazu, das Sichtbare mit dem Abwesenden zu kombinieren und dies immer wieder neu zu deuten. Es scheint eine Leiblichkeit zu entstehen, körperliche Anmutungen sich einander zu berühren, zuzuwenden oder zu durchdringen.Während sich Natascha Schmittens Arbeiten in ihrer Materialität zu entziehen, zu verhallen scheinen, erzeugt das Materialverständnis von Martin Kozlowski eine stärkere physische Präsenz. Dabei konzentriert sich die Materialität aber weniger auf Duktus und Strichführung, sondern entsteht durch die Schichtung von Farbflächen, welche sich in gesprühten und mit Pinsel vermalten Farbverläufen, scherenschnittartigen und scharfkantigen Formen definieren. Feine Texturen, Transparenzen und Überschneidungen erschaffen eine physische Präsenz, gar Körperlichkeit. Diese ineinanderfließenden Formen erzeugen Stofflichkeit und rufen Erinnerungen hervor, ohne direkte Verweise zu geben.Alle drei Positionen spielen so auf subtile Weise mit Fragen der Abstraktion, der kompositorischen Gestaltung von Farbräumen sowie der Wahrnehmungsfunktion selbst, welche im Zusammenspiel mit individuellen Erinnerungen und der physisch-dinglichen Welt stehen, ohne in eine gegenständliche Abbildhaftigkeit zu verfallen. Das Paradoxe, das Zweideutige und das offene Bildgeschehen bleiben prägende Momente dieser Malerei und führen zu einer stetig wechselnden unabgeschlossenen Narration.

- english version -

The group exhibition Abstract Narratives at Kunst & Denker Contemporary brings together three artistic positions: Jan Holthoff, Martin Kozlowski and Natascha Schmitten, who address abstract painting. Thereby, habits of seeing and boundaries within painting are questioned through different techniques and approaches of the artists. They reinterpret the attributions of narration regarding pictorial art by creating abstract structures and recognizable references. Through ascriptions and individual memories, landscapes, tangible objects, materiality and corporeality become imaginable in the works. Spatiality and objecthood are formed through interstices, layering, and various forms of transparency. A traceable narrative emerges, which can be sensually experienced through the pictorial information and generates references to the material world.

Jan Holthoff addresses this theme by allowing color to become zones or color corpuses, colored volumes or spaces in his abstract paintings, which unfold with an emphasis on processuality in a play of gestural settings and surfaces. However, despite the strategic-abstract thinking, his works also reflect central elements of our perception of landscape such as space, expanse, physical presence, movement, dynamics, light and surface. In this context, the construction and deconstruction of form represent central moments of genesis, which in an act of pictorial transformation bring forth the expressive pictorial event in its final nature.

Similarly, the works of Natascha Schmitten represent pictorial spaces elaborated through gestural settings. However, she creates ephemeral forms through a far thinner application of paint on nylon which are reminiscent of anthropomorphic corporeality. In the process, the diluted acrylic paint unfolds fluidly over the image carrier like watercolor, which reach a final decisiveness through a few interventions. Thus spaces and interstices are created. A reality and presence of its own forms in these undefined variables and forces to combine the visible with the absent and to interpret this continuously over and over again. A corporeality seems to emerge, bodily graces to touch, turn towards or penetrate each other.

While Natascha Schmitten's works seem to withdraw, to echo in their materiality, Martin Kozlowski's understanding of materiality creates a stronger physical presence. Here, however, the materiality is less concentrated on ductus and stroke, but rather arises from the layering of color surfaces, which define themselves in sprayed and brush-painted color gradients, silhouette-like and sharp-edged forms. Fine textures, transparencies and overlaps create a physical presence, even physicality. These merging forms create materiality and evoke memories without giving direct references.

All three positions subtly play with questions of abstraction, the compositional design of color fields, and the perceptual function itself, which interact with individual memories and the physical world, without falling into a representational depictiveness. The paradoxical, the ambiguous and the open image narrative remain defining moments of this painting and lead to a constantly changing unfinished narration.