DC OPEN 2018, MICHELLE JEZIERSKI & JAY GARD / MELTING POINT
(English below)
SEP 8 - NOV 4 2018
Anlässlich des DC Open präsentiert Kunst & Denker Contemporary eine Duo-Ausstellung mit Michelle Jezierski (*1981, Berlin) und Jay Gard (*1984 Halle/Saale). In enger Zusammenarbeit haben die Künstler eine ortsbezogene Installation konzipiert, welche die perzeptuelle Verschränkung beider Werkskörper im Sinn hat. In ihrem raumfüllenden Eingriff versuchen sie die Grenzen der Medien Malerei und Skulptur aufzulösen.
Natur ist für Michelle Jezierski Quelle und Medium, den uns umgebenden und wahrnehmbaren euklidischen Raum in einen übersinnlichen Zustand zu versetzen. Spiegelungen, Überlagerungen und optische Brüche auf der Leinwand führen komplexe Räumlichkeiten zurück auf die Fläche und lassen ihre Arbeiten zu visuellen Vexierspielen werden, die den Bildraum in ein Prisma simultaner Seins- und Zeitzuständen verwandeln. In dem Moment der Geometrisierung verwebt sie räumliche Dimensionen miteinander und erschafft dadurch Landschaftskompositionen, in denen die Verhältnisse von Innen und Außen, Figuration und Abstraktion invertiert werden und die Beschränktheit der Perspektive aufgehoben wird.
Jay Gard setzt sich mit seinen bewusst selbst hergestellten Skulpturen vermehrt mit den Rahmenbedingungen von Präsentationskontexten – dem Display – und deren Rückwirkung auf Kunstwerke auseinander. In der Verschränkung von Design und Kunst entwirft Gard Objekte, die das Ausstellen und Ausgestellt-sein als Grundlage haben, bei denen eine klare Trennung zwischen dem Eigentlichen des Werkes und seinem Präsentationsrahmen unmöglich erscheint. Er bedient sich dabei häufig vorgefundenen Material, wie etwa zuletzt Bilderrahmen alter Meister, von denen er vergrößerte Querschnitte erstellt hat und sie als einzelnen Objekte zeigt oder eine ganze Ausstellungsarchitektur daraus entwickelt.
Ausgangspunkt beider Künstler für die Ausstellung war die Frage nach der Darstellbarkeit und der Wahrnehmung von Landschaft im Bild sowie im Objekt. Wie kann der Raum in eine künstlerische Landschaft transformiert werden? Zentral dabei ist die Korrelation von Malerei und Bildhauerei und deren ortsspezifische Implikation aufeinander.
Michelle Jezierski entwarf hierfür eine Arbeit, welche sich über mehr als 6 Meter Wand erstreckt, in die der Besucher eintauchen kann. Durch die enormen Ausmaße des Bildes wird der Galerieraum augenscheinlich tatsächlich geöffnet, um den Blick auf ihr Landschaftspanorama freizugeben. Aus 10 einzelnen Leinwänden bestehend erstreckt sich das Bild über zwei Wände und gewinnt schon dadurch an räumlicher Qualität. Beim genauen Betrachten fällt auf, dass die Malerei nahtlos an der Eckposition weitergeführt wird und dass die Darstellung in sich weiterhin flächig erscheint. Erst die Verkürzung in der Perspektive zeigt an, dass sich hier der Raum in Wahrheit krümmt. Der Bruch von Dimensionen und deren Wahrnehmbarkeit, der im Bild selbst bereits angelegt ist, vollzieht sich somit auch in der Hängung.
Jay Gard ließ sich von der Galerie selbst für seine aus dem Boden wachsende Arbeit inspirieren. Erst der Titel des Gebildes aus lackiertem Holz, enthüllt, um was sich es eigentlich handelt: ein Nachbau des Grundrisses des Galerieraumes von K & D im Verhältnis 1:2. Eigentlich unbeachtet, wird der Boden der Galerie plötzlich zum Mittel einer Landschaftsmodulation, die die Installation wortwörtlich aus dem sie umgebenen Raum bestehen lässt, sodass der Raum auf sich selbst zurückgeworfen wird. Durch den simplen Akt der Faltung, entfremden Gard seine Vorlage und man meint einer gänzlich willkürlichen Form vorgesetzt zu sein. Zudem ist in der Fläche der Skulptur ein Farbverlauf derselben Palette wie in Jezierskis Malerei anlegt und so treten die Werke über diese Ebene in Kontakt miteinander.
Doch erst in der Bewegung um die einzelnen Arbeiten entfalten das Ensemble sein Potenzial als Gesamtwerk in Erscheinung zu treten. Mit einer Rasterung überzogen, die dem Moiré-Effekt gleich eine Art Flimmern erzeugt, wird das Auge nicht Müde einen Fixpunkt in den Werken zu finden, sodass sich beim visuellen Abtasten visuelle Interferenzen, Durch- und Einsichten ergeben, die eine ausgeklügelte Bild im Bild im Bild Situation ergeben, in der Raum und Werke untrennbar - wie der Titel der Ausstellung ankündigt - miteinander verschmelzen.
On the occasion of the DC Open, Kunst & Denker Contemporary presents a duo show with Michelle Jezierski (*1981, Berlin) and Jay Gard (*1984 Halle/Saale). In close collaboration, the artists have conceived a site-specific installation that has in mind the perceptual entanglement of both bodies of work. They view their space-filling intervention as a joint work that leaves the boundaries of the media of painting and sculpture behind. To Michelle Jezierski, nature is the source and medium to put the surrounding and perceptible Euclidean space into a supernatural state. Reflections, overlays and optical breaks on the canvas lead complex spaces back to the surface and turn their works into visual puzzles that transform the picture space into a prism of simultaneous states of being and time. In the moment of geometrization, she interweaves spatial dimensions and thereby creates landscape compositions in which the relationships of inside and outside, figuration and abstraction are inverted and the limitations of perspective are removed. With his deliberately self-made sculptures, Jay Gard focuses lately on the framework conditions of presentation contexts - the display - and their impact on works of art. Blending design and art, Gard creates objects based on exhibiting and being exhibited, where a clear separation between the essence of the work and its presentation frame seems impossible. He often employs found material, such as picture frames of old masters, from which he has produced enlarged cross-sections and displays them as individual objects or develops an entire exhibition architecture from them. Starting point for the exhibition was the question of the representability and perception of landscape through pictures and objects. How can space be transformed into an artistic landscape? The correlation between painting and sculpture and their site-specific implication on each other is central. Michelle Jezierski developed a work that extends over more than 6 metres of wall into which the visitor can immerse himself. Due to the enormous size of the painting, the gallery space is apparently opened to reveal the view of its landscape panorama. Consisting of 10 individual canvases, the image extends over two walls and thus gains in spatial quality. A closer look reveals that the painting continues seamlessly from the corner position and that the image itself continues to appear flat. Only the shortening of the perspective indicates that here the space bends in fact. The fracture of dimensions and their perceptibility, which has already been created in the picture itself, thus also takes place through the hanging. Jay Gard was inspired by the gallery itself for his work growing out of the ground. Only the title of the painted wood structure reveals what it actually is: a replica of the floor plan of K & D's gallery space in a ratio of 2:1. Virtually unnoticed, the floor of the gallery suddenly becomes the means of a landscape modulation, which literally lets the installation consist of the space surrounding it, so that the space is thrown back to itself. By the simple act of folding, Gard alienates his model and one thinks to be confronted with a completely arbitrary form. In addition, a colour gradient of the same palette as in Jezierski's painting is applied to the surface of the sculpture, thus bringing the works into contact with each other via this level. But it is only in the movement around the individual works when the ensemble unfolds its potential to appear as a complete work. Covered with a grid that creates a kind of flickering like the moiré effect, the eye is not tired of finding a fixed point within the works, so that visual interferences and insights arise during scanning, which result in a sophisticated image in the image in the image situation in which space and works merge inseparably - as the title of the exhibition announces.
Jay Gard, Michelle Jezierski, MELTING POINT, Kunst & Denker Contemporary, exhibition view: Franz Schuier
Jay Gard, Michelle Jezierski, MELTING POINT, Kunst & Denker Contemporary, exhibition view: Franz Schuier
Jay Gard, Michelle Jezierski, MELTING POINT, Kunst & Denker Contemporary, exhibition view: Franz Schuier
Courtesy: Michelle Jezierski, Fade Out, 2018 100 x 80 cm Acryl und Öl auf Leinwand
Courtesy: Jay Gard, Farbkreis Farben 17/18 1, 2018 76 x 76 cm Sperrholz, Leim, Acryl
Courtesy: Jay Gard, Gitterbild Albers, 2017 bxhxt 65 x 54 x 18 cm Sperrholz, Metall, Acryl
Courtesy: Michelle Jezierski, Ever, 2018 170 x 150 cm Acryl und Öl auf Leinwand