MICHELLE JEZIERSKI - TILT, GALERIE VORDERHAUS
(English below)
28.6. - 25.8.2019
Im Fokus der Ausstellung ‚Tilt‘ von Michelle Jezierski steht die neue Werkserie der in Berlin geborenen amerikanischen Künstlerin, die in den Jahren 2002 bis 2005 an der Universität der Künste Berlin bei Tony Cragg studierte und nach einem Semester an der Cooper Union New York 2008 ihren Abschluss bei Valérie Favre gemacht hat. Michelle Jezierski verwebt Kompositionen unterschiedlicher Textur zu neuen Bildräumen, die von peripheren Lichtquellen erleuchtet werden. Abseitig der Flächigkeit der Bildträger, sind ihre Bilder das Ergebnis des gezielten Einsatzes von Farbe, welche die Leinwand mit Licht durchflutet und formt, indem das Natürliche dem Künstlichen gegenübergestellt wird und Abstraktion und Figuration sich gegenseitig in der Tiefe des Bildraumes verschränken. Was Jezierski in ihren Werken zeigt, sind Konstruktionen, die in sich widersprüchlich, gleichzeitig, versetzt, gestört, harmonisch sind. Sie erlauben dem Betrachter dem Entstehen perplexer Welten beizuwohnen, bei denen Innen und Außen, Vorher und Nachher, Oberfläche und Tiefe aufgehoben sind. Wie es der Titel anklingen lässt, entsteht ein Gefühl, dass etwas TILTED, schief und aus der Verankerung geraten ist, was, der eigenen Zeit gewahr werdend, wie ein stiller Kommentar verstanden werden kann. Der Bildgegenstand der Landschaft als Ausgangspunkt der Werke, erfüllt für Jezierski eher formalen als inhaltlichen Zweck. Die Landschaft, in die sich jeder ein- und wiederfinden kann, galt schon jeher als Mittel der Kontemplation, sich der Erfahrung von Raum bewusst zu werden. In ihr werden Relationen sichtbar, die die Dinge greifbar werden lassen und grundlegend das menschliche Sein verhandeln. Natur, die einst gerne als Gegensatz zur Kultur verstanden wurde, und dessen Darstellungen in den Künsten, sind daher schon immer Spiegel der eigenen Existenz gewesen. Unter der Folie dieser Betrachtung fällt das dominierende Hochformat der meisten ihrer Bilder auf, welches sich formal an klassischer Portraitmalerei anlehnt. In ihrer neuesten Werken erfährt das Mittel der Bildstörung durch die Geometrisierung der Oberfläche einen bemerkbaren Rückgang, der ihren Gebrauch teils subtil in den Hintergrund treten lässt. Was nunmehr hervorsticht, ist die Materialität der dünnen Farbe, die den Bildraum noch mehr aufzulösen scheint. Die Farben verselbstständigen sich und entwickeln ein Eigenleben, so dass es wie in “Sharpen” wirkt, als würden die Horizonte zweier Welten aufeinanderprallen. Gleichzeitig wird deutlich, dass ihre aktuellen Arbeiten weniger klar in der Darstellung werden. Es ist als türmen sich kosmische Nebel auf, die Welten anzukündigen scheinen; ob Anfang oder Ende bleibt jedoch offen. Grundlegend ist Jezierskis Handschrift von der Musik her beeinflusst, in der Kompositionselemente wie Harmonien und Dissonanzen wesentlich die Stücke strukturieren. Finden sich in “Streak” oder “Struck” nunmehr einzelner Akkorde dieser geometrischen Figuren, die dem Gestus freien Raum gewähren, zeigen Werke wie “Whisper” oder “Tinge” ein ganzes Staccato dieser Unterbrechungen, die mal mehr mal weniger den Raum verdrängen und invertieren. Mit “Velvet” dem wohl abstraktesten Werk der Ausstellung, findet sich nur noch ein nahezu monochromes Bildrauschen das sich wie ein leichter Luftzug entfaltet während sich in “Undo” durch die horizontale Wiederholung eine Schwere und Langsamkeit im Bild niederschlägt, die fast einen Stillstand provoziert. Es scheint das rückgängig zu machen, was die anderen Werke ausstrahlen: Bewegung und Rastlosigkeit, durchdrungen von dem Verlangen Zustände der Dynamik ein Abbild zu verschaffen. Jonas Schenk
Michelle Jezierski, TILT, Kunst & Denker Contemporary, exhibition view: Celine Al Mosawi
Michelle Jezierski, TILT, Kunst & Denker Contemporary, exhibition view: Celine Al Mosawi
Michelle Jezierski, TILT, Kunst & Denker Contemporary, exhibition view: Celine Al Mosawi
Michelle Jezierski, TILT, Kunst & Denker Contemporary, exhibition view: Celine Al Mosawi