SAD BOT TRUE - BANZ & BOWINKEL, LOUISA CLEMENT,FELICITAS ROHDEN
MARCH 14 - MAY 8 2020
Innovation und das Streben nach Fortschritt begleiten das Denken und Handeln des Menschen durch alle Epochen der Zeit. Dieses Phänomen beschleunigt sich gegenwärtig mehr als je zuvor und neue technische Möglichkeiten entwickeln sich immer rasanter. Im Zeitalter des Anthropozäns und der Digitalisierung dominieren Maschinen und moderne Technik mittlerweile in jedem Lebensbereich. Doch das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine, des stets voranschreitenden technischen Fortschritts ist ein zwiegespaltenes. Zum einen werden immer mehr neue technische Kreationen entwickelt, bis hin zu neuen digitalen und virtuellen Körpern, wie bei den Arbeiten Banz‘ und Bowinkels. Zum anderen besteht die Angst, dass sich das Wesen des Menschen durch die unendlichen Möglichkeiten der digitalen Wertschöpfung austauschbar macht und sich selbst marginalisiert. Interagieren Mensch und Maschine anthropotechnisch zusammen oder treten sie in einen Wettstreit? Wie verändert sich unser Körper und dessen Relevanz? Louisa Clements Fotografien fractures zeigen in Detailaufnahmen die Körperteile von Schaufensterpuppen. Durch die nachträgliche Fotobearbeitung wirken die Körper wie digital, nur noch schemenhaft menschlich oder abstrahiert. Die Bearbeitung durch das iPhone ist dabei ein weiterer Schritt in Richtung Verschmelzung von menschlichem und digitalem Körper. Die Puppen sind entsprechend der Modeindustrie ohnehin bereits idealtypisch bis entmenschlicht geformt und werfen die Frage nach der Optimierung des Körpers in der Zukunft auf. Dennoch wirken die statischen Puppen körperlich, teils lebendig. Die Studien beschäftigen sich neben dem Embodiment auch mit Oberflächen- und Raumwirkung. Die Fotoserie Gliedermenschen zeigt monochrome Detailaufnahmen der Gliedmaßen von Schaufensterpuppen. Die humanoid gestalteten Hände und Gelenke sind dabei unnatürlich verrenkt und evozieren eine düstere Atmosphäre. Sie heben sich kaum vom dunklen Hintergrund ab, glänzende Lichtpunkte lassen sie maschinell oder technisch wirken. Die fehlende leibliche Präsenz wird ersetzt durch menschenähnliche, roboterartige Puppen. Bei der Skulptur Body handelt es sich um die Gussform einer Sexpuppe. Sie spiegelt den Blick in eine dystopische Zukunft, in welcher der Mensch immer mehr versucht ein virtuelles Abbild seiner selbst zu kreieren. Die Form veranschaulicht den Schöpfergeist des Menschen. Die anthropomorphe Figur der Gussform verkörpert eine mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Puppe. Giulia Bowinkel und Friedemann Banz arbeiten mit Augmented Reality und generieren virtuelle Skulpturen und Avatare. Der Einfluss moderner Technik auf den Habitus ist dabei Ausgangspunkt der Arbeiten. Wie verändern sich die menschlichen Sinneseindrücke, unser Verhalten und Handeln durch moderne Technik? Ist eine disjunkte Sichtweise von Digitalität und analoger Wirklichkeit überhaupt noch möglich? Das Künstlerpaar nutzt den Computer als Handwerkszeug und Interaktionsmittel in der Kunst, steht der computergesteuerten Gesellschaft jedoch äußerst kritisch gegenüber. Bei der Teppicharbeit Bot 1 bewegt sich ein computergenerierter und gesteuerter Avatar auf dem schwarz-weiss gemusterten Teppich. Digitale, autonome Konstruktionen verschmelzen mit dem realem Raum. Durch Augmented Reality ist es möglich, die Realität virtuell zu verändern und die Wahrnehmung von Betrachter*innen technikbasiert zu erweitern. Realität, technischer Fortschritt und damit verbundenen digitalen Bildwelten treffen aufeinander und wirken grenzüberschreitend. Gattungen wie die Malerei, Skulptur und Fotografie werden digital optimiert und erwachen neu zum Leben - wie bei ihrer Serie Bodypainting - eine Symbiose der Bildgattungen entsteht. Die Künstler*innen agieren somit sparten- und genreübergreifend auch in forschender Funktion. Raumwirkungen werden bei Felicitas Rohdens Arbeiten mit Mathematik, Digitalität und Materialität vereint. Sie entfremdet mathematische Formen zu dreidimensionalen Objekten und eine Symbiose aus mathematischer und künstlerischer Bildsprache entsteht. Mathematische Sachverhalte werden in einem Wechselspiel aus analog und digital dargestellt und die Grenzen zwischen geometrischen und organischen Formen verschwimmen. Die Werke der Ausstellung beziehen sich auf die Buchobjekte Shapes of possibility. Diese fungieren als Lehrbuch für Form, Muster und Material bei ihren räumlichen und skulpturalen Werken. Im Buch wird die Möglichkeit der Dualität von 0 – 1 aufgegriffen und auf das binäre Zahlensystem des Computers verwiesen. Die Reihe Pecking Order erforscht die Oberflächenveränderungen von sechsseitigen Würfeln und wie diese visuell erfassbar zu machen sind. Die Würfelzahlen werden einer bestimmten Farbe auf einer Maßstableiste zugeordnet, die sich auf die Vorgehensweise eines Quantencomputers beziehen. Mit Qubits werden Zahlen zwischen den voneinander getrennten, aber gleichzeitig existierenden Entitäten Null und Eins berechnet, ohne jemals bei einem Ergebnis stehen zu bleiben. Die abgebildeten Resultate gleichen quasi einer Momentaufnahme und sind in kleinen Modellen bis hin zu großformatigen Abbildungen dargestellt. Body 1 & 0 besteht aus zwei Skulpturen, die die imaginären physikalischen Aspekte des binären numerischen Systems erforschen. Die binäre Codierung liegt dabei bei Wahr (1) und Falsch (0). Durch das Scannen und Verzerren der dargestellten Punkte im System wird eine organische Form evoziert und fassbar gemacht.
Banz & Bowinkel, Louisa Clement, Felicitas Rohden, SAD BOT TRUE, Kunst & Denker Contemporary, exhibition view: Kunst & Denker Contemporary
Banz & Bowinkel, Louisa Clement, Felicitas Rohden, SAD BOT TRUE, Kunst & Denker Contemporary, exhibition view: Kunst & Denker Contemporary
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Banz & Bowinkel, Louisa Clement, Felicitas Rohden, SAD BOT TRUE, Kunst & Denker Contemporary, exhibition view: Kunst & Denker Contemporary
Banz & Bowinkel, Louisa Clement, Felicitas Rohden, SAD BOT TRUE, Kunst & Denker Contemporary, exhibition view: Kunst & Denker Contemporary